Verbotskoalition setzt auf Verdrängung

Wer da ist, ver­stößt“, lau­te­te die gleich­sam prä­gnan­te wie auch ent­lar­ven­de Zusam­men­fas­sung von Bür­ger­meis­ter Artin­ger zum Betre­tungs­ver­bot auf Jahn­in­sel und Grie­ser Spitz im Feri­en­aus­schuss am 25. August 2020.

Eigent­lich ist es ein Unding, dass so eine Ent­schei­dung ohne ordent­li­che Debat­te im Feri­en­aus­schuss durch­ge­drückt wer­den soll“, so Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der Ste­fan Chris­toph. Ein grü­ner Geschäfts­ord­nungs­an­trag zur Ver­ta­gung des Tages­ord­nungs­punk­tes fand aber nur die Zustim­mung der Oppo­si­ti­on (außer AfD) und wur­de damit abge­lehnt. In der Dis­kus­si­on um das Betre­tungs­ver­bot zeigt sich Chris­toph erstaunt: „Es soll jetzt ein Ver­bot kom­men, lan­ge bevor es irgend­wel­che Alter­na­ti­ven gibt.“ Dabei sei es im ers­ten Coro­na-Som­mer laut den Mah­nun­gen von Expert*innen ange­zeigt, sich drau­ßen zu tref­fen, da das die infek­ti­ons­ärms­te Mög­lich­keit zu sozia­len Kon­tak­ten ist. Statt­des­sen neh­me die graue Koali­ti­on jetzt mehr und mehr Räu­me weg, an denen das mög­lich ist. „Unter Kom­pro­miss­fin­dung ver­ste­hen wir etwas ande­res, des­we­gen leh­nen wir die­sen Extrem­vor­schlag natür­lich ab“, schließt Chris­toph sei­nen eröff­nen­den Rede­bei­trag zu dem Thema.

Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Maria Simon wies dar­auf hin, dass erst im ver­gan­ge­nen Jahr Maß­nah­men beschlos­sen wur­den, die die Situa­ti­on auf Jahn­in­sel und Gries ver­bes­sern soll­ten: „Die­se sind bis­lang nur unge­nü­gend umge­setzt und bie­ten genü­gend Spiel­raum, Lärm als auch Müll ein­zu­däm­men. Es braucht kei­ne wei­te­re Ver­schär­fung.“ Sie schlug ande­re Lösun­gen vor: „Man könn­te ein Peer-to-Peer-Group-Kon­zept ent­wi­ckeln, in dem jun­ge Leu­te auf Augen­hö­he mit den Fei­ern­den auf der Jahn­in­sel spre­chen.“ Außer­dem ver­wies sie auf das All­par­tei­li­che Kon­flikt­ma­nage­ment (AKIM), mit dem die Stadt Mün­chen bei Nut­zungs­kon­flik­ten bereits gute Erfah­run­gen mache. Außer­dem soll­ten alter­na­ti­ve Treff­punk­te auf wei­te­ren Plät­ze geschaf­fen wer­den, z. B. mit Unter­stüt­zung der Wirt*innen. „Ent­zer­ren statt Ver­drän­gen“ hal­te Stadt­rä­tin Simon für sinnvoller.

Stadt­rä­tin Yas­min Hopp pran­ger­te die offen­sicht­li­che Dop­pel­mo­ral der grau­en Koali­ti­on beim The­ma Lärm an. Wenn es auf der Jahn­in­sel Lärm­pro­ble­me gebe, wür­den alle Jahninsel-Besucher*innen dafür ver­ant­wort­lich gemacht. „Wenn jemand mit sei­nem Auto viel zu schnell und zu laut über die Fran­ken­brü­cke fährt, kommt nie­mand und for­dert ein Nacht­fahr­ver­bot auf der Brü­cke. So wür­de es näm­lich aus­se­hen, wenn die Stadt­spit­ze ähn­lich hart gegen Lärm­be­läs­ti­gung aus ande­ren Quel­len vor­ge­hen wür­de.“ Auf ihre Nach­fra­ge, wie sich die Zahl von 30 Räu­mun­gen zusam­men­set­ze, muss­te die Stadt­spit­ze klein­laut zuge­ben, dass es die hohe Zahl dadurch ent­steht, da Jahn­in­sel und Grie­ser Spitz jeweils ein­zeln gezählt wor­den sei­en. Letzt­end­lich kann man nur von 15 Räu­mun­gen sprechen.

Bei einer Demons­tra­ti­on kurz vor­her vor dem Neu­en Rat­haus hat­ten Grü­ne Jugend, Jusos und Linksjugend.solid gefor­dert, das Betre­tungs­ver­bot nicht zu beschlie­ßen. Auch die Alt­stadt-SPD hat­te sich dort gegen das Betre­tungs­ver­bot aus­ge­spro­chen – ohne Erfolg, am Ende stimm­te die SPD-Frak­ti­on dem Ver­bot zu. Auch Anwohner*innen des Grie­ser Spitz, die sich expli­zit gegen ein Betre­tungs­ver­bot aus­spra­chen, waren zu der Demons­tra­ti­on gekom­men. Am Ende wur­de nach andert­halb Stun­den Debat­te mit den Stim­men von SPD, CSU, Frei­en Wäh­lern, FDP, CSB und AfD die­se Extrem­maß­nah­me denk­bar knapp – 9 zu 7 – durch den Feri­en­aus­schuss gedrückt.