Weihnachtsrede 2022 im Stadtrat

Vie­len Dank, Frau Ober­bür­ger­meis­te­rin,
lie­be Kolleg*innen im Stadt­rat,
lie­be Mit­ar­bei­ten­de in der Ver­wal­tung,
und nicht zuletzt lie­be inter­es­sier­te Regensburger*innen,

im Ver­gleich zu den ers­ten bei­den Jah­ren die­ser Amts­pe­ri­ode hat sich zumin­dest für mich die Arbeit im Stadt­rat in die­sem Jahr extrem ver­än­dert. Was wir vor Coro­na an Prä­senz­ter­mi­nen kann­ten, hat sich im März 2020 schlag­ar­tig redu­ziert. Und ganz zurecht haben wir dar­auf geach­tet, kei­ne ande­ren Men­schen anzu­ste­cken – ob Risi­ko­grup­pe oder nicht. Wir sind ganz ein­deu­tig in einer schwie­ri­gen Zeit in die­se Amts­pe­ri­ode gestar­tet – nicht nur was unse­re eige­ne Arbeit angeht, son­dern natür­lich auch die gan­ze gesell­schaft­li­che und poli­ti­sche Situation.

Und wäh­rend die Pan­de­mie lei­der auch heu­te und jetzt gera­de noch nicht Geschich­te ist, hat sich die­ses Jahr den­noch viel geän­dert und ist zu einer Art „Nor­ma­li­tät“ zurück­ge­kehrt. Ob wir damit nicht etwas vor­ei­lig waren, wird sich noch zei­gen. Aber ganz klar ist schon, dass unse­re Arbeit als Stadträt*innen natür­lich ganz viel damit zu tun hat, dass wir in der Stadt unter­wegs sind; dass wir Men­schen tref­fen; dass wir Gesprä­che führen.

Ich habe, wenn ich mei­nen eige­nen Kalen­der anschaue, dass Gefühl, dass vie­le gesell­schaft­li­che Berei­che – von der Kul­tur über die Sport­ver­ei­ne hin zur kri­ti­schen Zivil­ge­sell­schaft – alle die­ses Jahr wie­der durch­star­ten woll­ten und gefühlt alle Ver­an­stal­tun­gen, die sie in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren nicht machen konn­ten, jetzt die­sen Herbst gemacht haben.

Das – also vor allem die Tat­sa­che, dass eben nicht alles an gesell­schaft­li­chem Leben ein­ge­schla­fen ist – ist natür­lich ein wirk­lich gutes Zei­chen. Denn wahr­schein­lich jede und jeder von uns, der in dem ein oder ande­ren Ver­ein aktiv ist, hat gemerkt, wie sich über die letz­ten bei­den Jah­re eini­ge Men­schen auch zurück­ge­zo­gen haben oder Akti­vi­tä­ten ein­ge­schla­fen sind. Dass trotz­dem immer noch so viel pas­siert, zeugt eben auch davon, dass die Zivil­ge­sell­schaft in unse­rer Stadt wirk­lich stark und nach­hal­tig auf­ge­stellt ist.

Jetzt zwi­schen den Jah­ren ist für alle, die aktiv waren und sind, etwas Zeit, wie­der ein wenig Kräf­te zu tan­ken, egal ob man zu Hau­se groß fei­ert, die Fami­lie besucht oder nur ein Buch und eine Tas­se Tee mit auf die Couch nimmt. Das gilt natür­lich auch für uns alle – uns Kolleg*innen hier, die ehren­amt­lich im Stadt­rat sit­zen, und natür­lich auch alle haupt­amt­li­chen Kolleg*innen und Mitarbeitenden.

Astrid Lind­gren hat in einem ihrer Kin­der­bü­cher, die man frei­lich auch als Erwach­se­ner lesen darf, geschrieben

Oh, wie ist es schön, wenn Weih­nach­ten ist!

Ich wünsch­te nur,

dass ein wenig öfter Weih­nach­ten wäre.“

Und egal, ob man Weih­nach­ten fei­ert oder nicht, die ruhi­ge Zeit zwi­schen den Jah­ren, die so genann­te „staa­de Zeit“ ist wich­tig, um ein wenig Aus­gleich zu fin­den. Wir alle, die es kön­nen, soll­ten uns die­se Zeit neh­men – für unse­re psy­chi­sche Gesund­heit, für unse­re Resi­li­enz. Und auch dafür, dar­über nach­zu­den­ken, was und wie in den letz­ten Mona­ten eigent­lich pas­siert ist.

Die Zeit soll­ten wir uns auch neh­men, an die­je­ni­gen Men­schen zu den­ken, die gera­de kei­ne „staa­de Zeit“ haben. Etwa weil sie trotz der Fei­er­ta­ge in den nächs­ten Wochen arbei­ten; in Kran­ken­häu­sern, bei der Feu­er­wehr – aber zum Bei­spiel auch im Einzelhandel!

Oder den­ken wir an die Men­schen, die kei­ne ruhi­ge Zeit zwi­schen den Jah­ren haben kön­nen, weil sie kein Zuhau­se haben. Weil sie gera­de psy­chi­sche Kri­sen durch­ma­chen. Oder weil sie aus Kriegs­ge­bie­ten zu uns nach Regens­burg geflo­hen sind. Sie brau­chen gera­de in die­ser Zeit – aber auch davor und danach – nicht nur unse­re Gedan­ken, son­dern auch Unter­stüt­zung von uns. Und das gilt aus­drück­lich nicht nur für den Stadt­rat, son­dern für die gan­ze Stadtgesellschaft.

Weih­nach­ten als christ­li­ches Ereig­nis ist das Fest der Nächs­ten­lie­be. Poli­tisch fin­de ich pas­sen­der: der Soli­da­ri­tät. Und Nächs­ten­lie­be und Soli­da­ri­tät sind nichts, was wir uns nur wäh­rend einer Woche im Dezem­ber in Gedan­ken rufen soll­ten, son­dern das gan­ze Jahr über. Soli­da­ri­tät soll­te immer unse­re obers­te Hand­lungs­ma­xi­me sein.

Und das sage ich auch ganz bewusst des­we­gen, weil wir in den letz­ten zwei­ein­halb Jah­ren gese­hen haben, wie so etwas wie gesell­schaft­li­che Soli­da­ri­tät immer wei­ter ero­diert ist. Ich rede davon, wie Men­schen­grup­pen gegen­ein­an­der aus­ge­spielt wer­den, wie ego­is­ti­sche Inter­es­sen zur poli­ti­schen Agen­da ver­klärt wer­den oder wie sich Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen und geziel­te Des­in­for­ma­ti­on rasant in der Gesell­schaft ausbreiten.

Das alles soll­te uns zu den­ken geben, wenn wir aufs Neue Jahr vor­aus­bli­cken. Nut­zen wir doch also alle die Zeit, die wir zum Nach­den­ken haben, um uns Gedan­ken dar­über zu machen wie wir alle und wie jeder ein­zel­ne von uns in Zukunft zu einer soli­da­ri­sche­ren Gesell­schaft in unse­rer Stadt bei­tra­gen kann.

Vic­tor Hugo hat in Les Misé­ra­bles geschrieben:

Die Zukunft hat vie­le Namen: Für Schwa­che ist sie das Uner­reich­ba­re, für die Furcht­sa­men das Unbe­kann­te, für die Muti­gen die Chance.“

Ich den­ke, wir soll­ten die Muti­gen sein, die Chan­cen ergrei­fen. Ich weiß, dass es in Regens­burg vie­le muti­ge Men­schen gibt, die auch in Zukunft immer wie­der Chan­cen auf­tun wer­den. Unter­stüt­zen wir sie auch in Zukunft dabei, wenn sie das tun! Ich wün­sche Ihnen und euch schö­ne und erhol­sa­me Feiertage!