Vielen Dank, Frau Oberbürgermeisterin,
liebe Kolleg*innen im Stadtrat,
liebe Mitarbeitende in der Verwaltung,
und nicht zuletzt liebe interessierte Regensburger*innen,
im Vergleich zu den ersten beiden Jahren dieser Amtsperiode hat sich zumindest für mich die Arbeit im Stadtrat in diesem Jahr extrem verändert. Was wir vor Corona an Präsenzterminen kannten, hat sich im März 2020 schlagartig reduziert. Und ganz zurecht haben wir darauf geachtet, keine anderen Menschen anzustecken – ob Risikogruppe oder nicht. Wir sind ganz eindeutig in einer schwierigen Zeit in diese Amtsperiode gestartet – nicht nur was unsere eigene Arbeit angeht, sondern natürlich auch die ganze gesellschaftliche und politische Situation.
Und während die Pandemie leider auch heute und jetzt gerade noch nicht Geschichte ist, hat sich dieses Jahr dennoch viel geändert und ist zu einer Art „Normalität“ zurückgekehrt. Ob wir damit nicht etwas voreilig waren, wird sich noch zeigen. Aber ganz klar ist schon, dass unsere Arbeit als Stadträt*innen natürlich ganz viel damit zu tun hat, dass wir in der Stadt unterwegs sind; dass wir Menschen treffen; dass wir Gespräche führen.
Ich habe, wenn ich meinen eigenen Kalender anschaue, dass Gefühl, dass viele gesellschaftliche Bereiche – von der Kultur über die Sportvereine hin zur kritischen Zivilgesellschaft – alle dieses Jahr wieder durchstarten wollten und gefühlt alle Veranstaltungen, die sie in den vergangenen zwei Jahren nicht machen konnten, jetzt diesen Herbst gemacht haben.
Das – also vor allem die Tatsache, dass eben nicht alles an gesellschaftlichem Leben eingeschlafen ist – ist natürlich ein wirklich gutes Zeichen. Denn wahrscheinlich jede und jeder von uns, der in dem ein oder anderen Verein aktiv ist, hat gemerkt, wie sich über die letzten beiden Jahre einige Menschen auch zurückgezogen haben oder Aktivitäten eingeschlafen sind. Dass trotzdem immer noch so viel passiert, zeugt eben auch davon, dass die Zivilgesellschaft in unserer Stadt wirklich stark und nachhaltig aufgestellt ist.
Jetzt zwischen den Jahren ist für alle, die aktiv waren und sind, etwas Zeit, wieder ein wenig Kräfte zu tanken, egal ob man zu Hause groß feiert, die Familie besucht oder nur ein Buch und eine Tasse Tee mit auf die Couch nimmt. Das gilt natürlich auch für uns alle – uns Kolleg*innen hier, die ehrenamtlich im Stadtrat sitzen, und natürlich auch alle hauptamtlichen Kolleg*innen und Mitarbeitenden.
Astrid Lindgren hat in einem ihrer Kinderbücher, die man freilich auch als Erwachsener lesen darf, geschrieben
„Oh, wie ist es schön, wenn Weihnachten ist!
Ich wünschte nur,
dass ein wenig öfter Weihnachten wäre.“
Und egal, ob man Weihnachten feiert oder nicht, die ruhige Zeit zwischen den Jahren, die so genannte „staade Zeit“ ist wichtig, um ein wenig Ausgleich zu finden. Wir alle, die es können, sollten uns diese Zeit nehmen – für unsere psychische Gesundheit, für unsere Resilienz. Und auch dafür, darüber nachzudenken, was und wie in den letzten Monaten eigentlich passiert ist.
Die Zeit sollten wir uns auch nehmen, an diejenigen Menschen zu denken, die gerade keine „staade Zeit“ haben. Etwa weil sie trotz der Feiertage in den nächsten Wochen arbeiten; in Krankenhäusern, bei der Feuerwehr – aber zum Beispiel auch im Einzelhandel!
Oder denken wir an die Menschen, die keine ruhige Zeit zwischen den Jahren haben können, weil sie kein Zuhause haben. Weil sie gerade psychische Krisen durchmachen. Oder weil sie aus Kriegsgebieten zu uns nach Regensburg geflohen sind. Sie brauchen gerade in dieser Zeit – aber auch davor und danach – nicht nur unsere Gedanken, sondern auch Unterstützung von uns. Und das gilt ausdrücklich nicht nur für den Stadtrat, sondern für die ganze Stadtgesellschaft.
Weihnachten als christliches Ereignis ist das Fest der Nächstenliebe. Politisch finde ich passender: der Solidarität. Und Nächstenliebe und Solidarität sind nichts, was wir uns nur während einer Woche im Dezember in Gedanken rufen sollten, sondern das ganze Jahr über. Solidarität sollte immer unsere oberste Handlungsmaxime sein.
Und das sage ich auch ganz bewusst deswegen, weil wir in den letzten zweieinhalb Jahren gesehen haben, wie so etwas wie gesellschaftliche Solidarität immer weiter erodiert ist. Ich rede davon, wie Menschengruppen gegeneinander ausgespielt werden, wie egoistische Interessen zur politischen Agenda verklärt werden oder wie sich Verschwörungserzählungen und gezielte Desinformation rasant in der Gesellschaft ausbreiten.
Das alles sollte uns zu denken geben, wenn wir aufs Neue Jahr vorausblicken. Nutzen wir doch also alle die Zeit, die wir zum Nachdenken haben, um uns Gedanken darüber zu machen wie wir alle und wie jeder einzelne von uns in Zukunft zu einer solidarischeren Gesellschaft in unserer Stadt beitragen kann.
Victor Hugo hat in Les Misérables geschrieben:
„Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance.“
Ich denke, wir sollten die Mutigen sein, die Chancen ergreifen. Ich weiß, dass es in Regensburg viele mutige Menschen gibt, die auch in Zukunft immer wieder Chancen auftun werden. Unterstützen wir sie auch in Zukunft dabei, wenn sie das tun! Ich wünsche Ihnen und euch schöne und erholsame Feiertage!